Journal



März 2010


Mittlerweile sind wir schon 2 Monate in Lyon und doch kommt es einem viel kürzer vor. Momentan sind wir fleißig am trainieren, besuchen einen Französischkurs, und auch Daniel hat es endlich geschafft, sein richtiges Zimmer einzuräumen.

Mit einer der Gründe, warum wir uns für Lyon entschieden hatten, war die Sprache. Wir merken immer öfter, wie wichtig es ist, verschiedenste Sprachkenntnisse aufweisen zu können, wenn man international unterwegs ist. Zudem ist es sicherlich kein schlechter Punkt im Lebenslauf, 3 Sprachen und mehrere Auslandsaufenthalte nachweisen zu können. Es ist sehr schwer, neben dem Sport Vollzeit zu studieren, und Bundeswehrsoldaten ist nur ein Fernstudium gestattet. Da es sowieso keine Stadt in Deutschland gibt, in der wir beide den Sport mit unserem Wunschstudiengang verbinden können, bietet Lyon die beste Alternative: Hier können wir endlich eine dritte Sprache erlernen. Der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr kümmert sich finanziell und organisatorisch um eine Berufsperspektive nach der Bundeswehrzeit. Deshalb hatten wir wirklich Glück, einen Sprachkurs finanziert zu bekommen. Erst wenn man die Schule beendet hat, merkt man, wie wertvoll und teuer die Chance ist, sich bilden zu dürfen. Eislaufen ist definitiv die große Leidenschaft, der man momentan 100% widmet, aber so wird es nicht immer sein können und irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem eine andere berufliche Perspektive mehr wert ist als jeder Twizzle.

Die Sprachschule bedeutet nun für uns noch zusätzliche 3 Stunden Unterricht täglich. Meistens stehen wir morgens zwischen 5 und 6 Uhr auf und kommen erst um 18 Uhr nach Hause, aber um nun endlich wenigstens kleine Dinge verstehen zu können, ist es den Stress wert. Vor vier Wochen war man noch aufgeschmissen, wenn der Kassierer einen Betrag sagte, der nicht irgendwo auf einem Bildschirm einzusehen war, oder wenn man im Geschäft nach dem Preis fragen wollte.

Jeder, der ein wenig Französisch versteht, weiß, dass die Franzosen mit ihrer Sprache manchmal ein wenig eigen sind. Die Grammatik ist teilweise recht kompliziert und voll gestopft von Ausnahmen, die einzeln erlernt werden müssen, aber dieser Herausforderung stellen wir uns gerne. Oftmals scheitern wir noch an der Aussprache. So hat Daniel in der ersten Woche "Vous allez bien?" (Geht es Ihnen gut?) wie "Vous êtes lesbienne" (Sie sind lesbisch) ausgesprochen, was zur allgemeinen Erheiterung führte. In unserem Kurs sind wir nur 8 Studenten und können daher recht schnell den Inhalt erarbeiten. Leider wird man doch immer wieder verführt, ins Englisch zu wechseln, da es momentan doch noch deutlich einfacher ist. Seit etwa einer Woche haben wir unsere Trainer gebeten, nur noch französisch mit uns zu sprechen, so dass wir hoffentlich bald ein besseres Sprachgefühl haben.

Der Fakt, dass wir bereits 2 Sprachen sprechen und zudem noch Lateinkenntnisse aufweisen können, hilft sehr. Viele Vokabeln lassen sich aus zumindest einer Sprache herleiten und auch die Grammatik weist gewisse Gemeinsamkeiten auf.

Aber dass wir gerade jetzt mit der Sprachschule begonnen haben, hat auch noch einen anderen Vorteil: Es lenkte uns wenigstens etwas von den Olympischen Spielen ab. Irgendwie tat es doch schon weh, die anderen Paare hier aus Lyon abreisen zu sehen oder sich auch nur Startlisten der Kunstlaufwettbewerbe anzuschauen. Man sieht Bilder überall, und dass wir Vancouver und auch Whistler nun doch schon recht gut kennen, hilft nicht unbedingt über das Fernweh hinweg. Das Einzige, was uns irgendwie tröstet, ist die Tatsache, dass wir rein altersmäßig noch Sotschi 2014 und die Winterolympiade 2018 mitlaufen könnten. Diese findet sogar evtl. in München statt. Als Mitbewerber gehen Pyeongchang (Südkorea) und Annecy (Frankreich) ins Rennen. Zudem hatten wir gehört, dass die Winteruniversiade 2009 in Harbin als Testlauf für eine mögliche Bewerbung für 2018 galt. Die Entscheidung wird erst im Juli 2011 fallen, unser Favorit steht natürlich fest.

Die 9 Stunden Zeitverschiebung zu den diesjährigen Olympischen Spielen haben uns wenig ausgemacht und kamen uns fast sogar etwas entgegen, da so die letzte Einlaufgruppe immer etwa zu der Zeit lief, zu der wir sowieso aufstehen mussten. Somit konnten wir die Medaille von unserem deutschen Paar und die anderen Entscheidungen gemütlich beim Frühstück verfolgen. Auch die anderen Sportarten waren für uns interessant, da wir auch hier immer wieder Sportler kannten. So haben wir den Shorttracker Robert Seifert im Olympischen Jugendlager 2006 in Turin kennengelernt und andere Sportler in der Sportfördergruppe.

Ein solches Jugendlager gab es auch in diesem Jahr, und somit kamen wieder junge Sportler in den Genuss, sich vom Olympischen Geist anstecken zu lassen und die Begeisterung der Olympischen Spiele live mitzuerleben. Wir waren damals mit Clemens Brummer und Philipp Tischendorf bei den Spielen 2006 dabei. Als offizielles Team kommt man so in den Genuss, nicht nur verschiedenste Wettbewerbe anzuschauen und die Sportarten kennenzulernen, sondern auch z.B. ins Olympische Dorf zu gehen oder im Deutschen Haus den Bundespräsidenten kennenzulernen. Rosi Mittermaier war damals die Schirmherrin des Projektes und stellte sich gerne zur Verfügung, um mit unserer Gruppe mal Skifahren zu gehen. Die Eindrücke, die wir damals sammeln konnten, waren genial, und ich weiß noch genau, mit wie viel Begeisterung wir damals wieder heimgekehrt waren. Nicht im Traum hatten wir damals daran gedacht, dass wir nun so nah an einer eigenen Teilnahme vorbeischliddern würden. In diesem Jahr fuhren wieder einige Eiskunstläufer mit in Jugendlager, die sich hoffentlich genauso anstecken haben lassen, wie wir es damals konnten.

Wir freuen uns sehr, dass wir uns nun auf die kommende Weltmeisterschaft in Turin vorbeireiten können, und auch, dass wir nun in der Halle selber laufen dürfen, in der wir 2006 "nur" auf der Zuschauertribüne saßen. Wir werden unser Bestes geben.

Viele liebe Grüße,

Carolina und Daniel

 

 




 

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