Journal



März 2009

Wieder einmal geht für uns ein spannender Monat zu Ende. Momentan fahren wir von einem Wettkampf zum nächsten und es bleibt uns kaum Zeit aufzuarbeiten, was wir alles erleben. Wir freuen uns jetzt schon unglaublich auf die Weltmeisterschaft in Los Angeles und sind gerade einmal 2 Tage aus China zurückgekehrt. Die Universiade dort war ein unglaublich spannendes Erlebnis und es hat uns einen riesigen Spaß gemacht dabei gewesen zu sein. Nachdem wir einmal die Olympischen Spiele in Turin im Jugendlager miterleben durften, war dieses ein weiteres Erlebnis, was uns motiviert, es vielleicht einmal zu den Olympischen Spielen schaffen zu wollen. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg und noch viele Hürden müssen überwunden werden....

Dortmund

Nach unserer Rückkehr aus Helsinki haben wir uns erst einmal ein, zwei Tage frei genommen. Wir waren beide ein wenig müde von der Europameisterschaft und haben auch einige Shows abgesagt, zu denen wir noch vor China eingeladen worden waren. Daniel hat mit seinem Praktikum angefangen und Carolina musste auch wieder anfangen, mehr zu lernen. Herr Skotnicky ist noch für ein paar Tage nach Dortmund gekommen und hat mit uns am Paso Doble gearbeitet, da wir diesen bisher nur wenige Male bei Wettkämpfen laufen mussten. Außerdem waren wir ein wenig unsicher, da wir nach der Deutschen Meisterschaft ein wenig Kritik für unser bisheriges Paso-Doble-Kostüm bekommen hatten. Aus finanziellen Gründen hatten wir uns dagegen entschieden, ein Paso-Doble-Kostüm extra anfertigen zu lassen. Das Problem bei Pflichttanzkostümen ist immer, dass man nicht weiß, wie oft und bei welchen Wettbewerben es gebraucht wird. Daher hatten wir uns einfach für Daniel ein altes Zorro-Kostüm von Florian Just ausgeliehen und Carolinas Kleid haben wir in Kanada Allie Hann-McCurdy günstig abgekauft. Nun standen wir aber vor dem Problem, dass wir für die Universiade und evtl. auch für die WM ein "vernünftiges" und angemessenes Kostüm brauchten. Wir hatten die Idee, Tim Giesen nach seinem Bolero-Jäckchen zu fragen, der dieses von René Lohse hatte. Hose und Hemd wollten wir uns von anderen Kostümen zusammensuchen und für Carolina ihr Kleid abändern lassen. Tim hat sich hierzu auch sofort bereit erklärt und somit hatten wir schon zwei Tage später seine Jacke in Dortmund und konnten einige kleine Änderungen vornehmen lassen (Daniel ist eben doch wesentlich dünner). Carolinas Kleid haben wir abändern lassen und hatten somit ein fast neues Paso-Doble-Kostüm.

Unsere Einkleidung für die Universiade haben wir Anfang Februar zugeschickt bekommen. Zunächst waren wir ein wenig überrascht über das doch sehr viele Grün. Später wurden wir jedoch von vielen Nationen auf unsere schönen Jacken angesprochen und dadurch, dass wir die einzige Nation waren, die Grün hatten, konnten wir uns immer schon von weitem erkennen. Vom adh (allgemeiner deutscher hochschulsportverband) hat man uns erklärt, dass es sich dabei jetzt um die Trendfarben der nächsten Saison handelt. Die Hersteller von Kleidung planen im Allgemeinen zwei Jahre im Voraus. Unsere Jacken wurden bereits vor einem Jahr designt und werden nächstes Jahr in die reguläre Produktion gehen.

Bevor wir am Sonntag abgeflogen sind, hat Daniel am Freitag noch eine Klausur geschrieben. Er hängt somit momentan noch 6 Prüfungsleistungen hinter dem regulären Plan zurück und wird dieses auch nicht vor Mai aufholen können. Zum Glück ist seine Hochschule sehr flexibel mit den Prüfungsterminen und versucht sich voll auf seine sportlichen Termine einzustellen. Am Samstag nach dem Training haben wir beide uns noch mit Freunden getroffen, wofür wir seit der EM keine Zeit gehabt hatten und was für uns als Ausgleich zum Sport immer wichtig ist. Man lenkt sich ein wenig ab und denkt nicht nur über das Eislaufen nach, man bringt den Kopf auf andere Gedanken. Außerdem hat uns ein Freund aus Kanada besucht, der jetzt angefangen hat, in Deutschland zu studieren.

Universiade

Am Sonntagmorgen haben wir noch kurz trainiert und sind den OD durchgelaufen. Wir wussten nicht, wann wir wieder aufs Eis können würden, und unser Flug war erst für ca. 15 Uhr gebucht. Mit Air Berlin sollte es zunächst nach Berlin gehen, wo wir alle anderen Sportler treffen würden, und von dort aus sollten wir nach Peking fliegen. Hier waren dann 5 Stunden Aufenthalt geplant, bevor wir endgültig in Harbin ankommen sollten.

In Düsseldorf erlebten wir jedoch unsere erste Überraschung. Aufgrund eines Buchungsfehlers hatten wir keine Tickets, um nach Berlin fliegen zu können. Auch wussten wir nicht, ob von Berlin aus unser Flug nach Peking gebucht worden war. Das Flugzeug nach Peking flog jedoch nur alle drei Tage, weshalb wir unbedingt pünktlich, also ca. in 4 Stunden, in Berlin sein mussten. Bei adh, welches unsere Tickets gebucht hatte, war am Sonntag niemand in der Geschäftsstelle und somit haben wir unter der Notfallnummer in China angerufen. Kurzfristig haben wir neue Tickets gekauft und sind nach Berlin geflogen in der Hoffnung, von dort aus weiterfliegen zu können.

In Berlin konnten wir zum Glück ohne Probleme ins Flugzeug, saßen allerdings alle sehr verstreut, da wir erst sehr spät unsere Bordkarten abholen konnten. Angekommen in Peking waren wir überrascht, welche Bedeutung die Universiade in China selbst hatte. Vom Flugzeug aus wurden wir sofort abgeholt und wurden bei der Visa-Kontrolle auch bevorzugt behandelt. Ein extra Schalter wurde nur für die Teilnehmer der Universiade aufgemacht und somit konnten wir schnell passieren. Außerhalb des Sicherheitsbereiches wurden wir sofort von einigen Fotografen und einem Kameramann abgefangen, der uns bei den weiteren Kontrollen filmte. In Peking und beim Weiterflug nach Harbin haben wir dann die ersten anderen Nationen getroffen. Insgesamt gab es ca. 3500 Offizielle, die zu den Weltspielen der Studenten gekommen waren, welches die zweitgrößte Wintersportveranstaltung nach den Olympischen Winterspielen ist.

In Harbin wurden wir freundlich auf Deutsch von unserem Attaché begrüßt, welcher die Aufgabe hatte, das deutsche Team zu begleiten und bei Bedarf zu übersetzen. Er war Ansprechpartner bei sämtlichen Problemen oder sonstigen Belangen. Jedes Team hatte somit jemanden, der im Bedarfsfall schnell helfen konnte. Vor dem Flughafen wurden wir dann zum ersten Mal von den eisigen Temperaturen überrascht. Jetzt wussten wir, warum wir unsere Winterjacken und Stiefel mitgenommen hatten. In den folgenden Tagen konnten wir kaum einen Tag ohne Thermohose und Mütze herumlaufen, ohne nicht komplett einzufrieren. Im Bus sind fast immer die Scheiben von innen eingefroren, sobald genug Menschen mitgefahren sind, die die Luftfeuchtigkeit erhöhten. Wenn man morgens mit noch leicht feuchten Haaren rausging und man keine Mütze aufsetzen konnte, weil sonst die Frisur fürs Programm zerstört worden wäre, sind die Haare eingefroren. Am Abend, an dem wir beim Eisskulpturenfestival waren, war es so kalt, dass die Hand schmerzte, wenn man fürs Foto länger als 20 Sekunden die Handschuhe auszog. Laut Wetterbericht war es immer um die minus 20 Grad, welches sich teilweise noch wesentlich kälter anfühlte. Geschneit hat es dabei gar nicht so viel, sondern es war immer nur eine leichte Schneeschicht überall. An keinem Tag haben wir hier ein Schneeschiebefahrzeug gesehen oder jemanden, der gestreut hätte. Das mit dem Salz erklärt sich evtl. dadurch, dass Salz unseres Wissens nur bis zu minus 7 Grad wirkt. Statt Schneeschiebefahrzeugen gab es Menschengruppen, die den Schnee von der Straße mit Besen gefegt haben. Selbst auf der Autobahn beseitigten diese mit Besen und Pickel den Schnee von der Fahrbahn. Es hat uns sehr verwundert, nicht ein einziges Mal hier einen Unfall gesehen zu haben.

Geschlafen haben wir in Hochbetten in einem Studentenwohnheim der Heilongjiang Universität, in dem wir Deutschen, die in Harbin waren, einen Bereich des Flures für uns hatten. Neben uns wohnten noch die Slowaken und die Teilnehmer aus Taiwan auf diesem Flur. Die Zimmer waren recht einfach, aber absolut ausreichend. Carolina wohnte mit Constanze Paulinus und Daniel mit Martin Liebers in jeweils einem 4-Bett-Zimmer. Bemerkenswert war die Leistung der Zimmermädchen, die immer zu 4. ein Zimmer reinigten und dieses somit in ca. 3 Minuten komplett gewischt und aufgeräumt wurde. Lustig war, dass jeder Teilnehmer mit 10 Kondomen ausgestattet wurde, welche im Bad für ihn bereit lagen. Aus Zeitungsberichten von den Olympischen Spielen in Peking wussten wir, dass dort ca. 140 000 Kondome für 10 000 Athleten verteilt worden waren, da sowohl in Sydney als auch in Athen jeweils spontaner Kondommangel herrschte. Zusätzlich waren im Flur noch kostenlose Kondome bereitgestellt. Bei den Slowaken regten so viele Kondome die Spiellust doch ein wenig an, so dass eines Abends deren kompletter Flurteil mit aufgeblasenen Kondomen geschmückt war. Die Volunteers haben Daniel später erklärt, dass Kondome fast immer kostenlos in China sind, um die Geburtenrate weiterhin vermindern zu können.

Die Universität, in der wir wohnten, wurde komplett für uns abgesperrt und war nur nach Sicherheitskontrollen mit Metalldetektoren zu betreten. Im Dorf selber gab es dann noch einmal zwei Zonen, die nur mit bestimmten Akkreditierungen zu erreichen waren, welche die Wohnhäuser der Athleten und Essensräume vom übrigen Teil abtrennten. Zur Kontrolle hierfür waren extra Soldaten abgestellt worden, die sehr freundlich, aber auch sehr genau die Akkreditierungen kontrollierten. Zusätzlich waren ums komplette Dorf Tag und Nacht Soldaten in 20-Meter-Abständen positioniert, so dass niemand unbemerkt hineinkommen konnte. Wie diese es in der Kälte ausgehalten haben, ist uns rätselhaft. Zusätzlich waren überall im Dorf Volunteers platziert worden, die uns immer grüßten und sehr nett waren. Auf dem Weg vom Zimmer zum Essen grüßten einen jedes Mal ca. 8 Personen, die extra dafür aufstanden. Im Hauptteil des Dorfes waren extra für uns ein Supermarkt, eine Post, eine Internetmöglichkeit, ein Souvenirladen und ein Kulturzentrum. Es gab jeden Abend eine Tanzveranstaltung, bei der man traditionelle chinesische Tänze anschauen konnte, welches wir leider nicht geschafft hatten. Außerdem hatten wir ein großes Schwimmbad, einen Kraftraum, eine Bar und Unterhaltungsspiele wie Billard bereitgestellt bekommen. Langweilig war uns somit nicht eine Minute in den gesamten 9 Tagen, die wir vor Ort hatten.

Am ersten Abend war Carolina noch ein wenig spazieren gegangen und hat dabei das Dorf verlassen. Nach einigen Minuten bemerkte sie, dass ihr ein Auto folgte und wechselte deshalb extra die Straßenseite. Das Auto blieb jedoch weiterhin immer ca. 50 Meter hinter ihr, und erst beim genauen Hinsehen bemerkte sie, dass es sich hierbei um ein Polizeiauto handelte. Später wurden wir jedoch nicht verfolgt, und auch sonst haben wir uns nicht unsicher gefühlt. Nur das Geschwisterpaar Zaretski wurde 24 Stunden lang von einem Bodyguard bewacht, da die beiden Israelis anscheinend mehr Sicherheit benötigten.

2. Tag: An unserem ersten Tag haben wir uns erst einmal alles genau angeschaut und waren begeistert von so viel Freundlichkeit der Volunteers. Eigentlich wollten wir zur Eishalle fahren und herausfinden, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, noch am gleichen Tag ein wenig zu trainieren. Leider wusste weder unsere chinesische Begleitung noch unser Busfahrer, wo die Trainingseishalle war und brachte uns zur Wettkampfhalle. Jedoch durften wir diese noch nicht betreten, da dort 2 Tage später die Eröffnungsfeier stattfinden sollte. Der Busfahrer, der immer noch nicht wusste, wo wir denn eigentlich hin wollten, brachte uns daraufhin zur Eisschnelllaufhalle. Da es trainingsmäßig wahrscheinlich sinnlos und organisatorisch ans Unmögliche ging, dort das Eis zu nutzen, entschieden wir uns, wenigstens ein wenig Trockentraining zu machen, um die Muskulatur wieder auf Wettkampf einzustellen.

3. Tag: Am nächsten Tag hatten wir unser erstes inoffizielles Training. Die Trainingshalle war im gleichen Gebäudekomplex wie die Curling- und Eisschnelllaufhalle. Leider hatte uns diese Information am Vortag noch niemand geben können. In Trainingsklamotten hatten wir ca. 30 Minuten Training, auch waren noch keine Preisrichter angereist und einige Paare fehlten ebenfalls.

Abends hatten wir die Eröffnungsfeier, zu der wir allerdings drei Stunden vorher aufbrechen mussten. Zunächst wurde jedem Team ein eigener Bus zugeteilt, in dem man zum Stadion anreiste. Somit ergab sich alleine von Harbin aus eine Kolonne von ca. 30 Bussen, die mit 25 km/h, Warnblinklicht, Polizeischutz und Polizeisperre zur Eishalle fuhren. Vor Ort haben wir dann noch die Athleten aus den anderen beiden Wettkampforten getroffen. Da wir glaubten, vor dem Einmarsch in der Kälte warten zu müssen, hatten wir uns alle extra warm angezogen und stellten schwitzend fest, dass das nicht der Fall war und wir drinnen, zusammengedrängt mit allen anderen Nationen im Vorraum zur Eishalle eine gefühlte Ewigkeit warteten.

Es war unglaublich warm und die Luft wurde zunehmend stickiger, bevor wir endlich einmarschieren konnten. Im Vorfeld haben wir die Zeit genutzt, um Fotos mit Freunden und anderen Sportlern zu machen, auch wurden National-Pins untereinander getauscht, welches im Laufe der gesamten Veranstaltung ein weit verbreitetes neu entdecktes Hobby vieler wurde. Selbst die Soldaten, Busfahrer und Dienstmädchen sammelten mit. Das Gefühl beim Einmarschieren war unbeschreiblich. Es war eine Mischung aus Stolz, Aufregung, Freude und komischerweise Vertrautheit. Die Feier, welche wir im Anschluss ansahen, war genial. Leider saßen wir auf der "falschen Seite", aber es war unglaublich cool. Eine Mischung aus Tanz, Eislaufen, Akrobatik und Singen, welche mit Effekten verbunden waren. Der wohl schönste Moment war, als die Fackel im Stadion übergeben wurde und dann das Feuer entzündete, welches wir auf einer Videowand verfolgen konnten. Ohne übertreiben zu wollen, müssen wir echt sagen, dass dieses eine echt schöne Feier war, die man nicht so schnell wieder vergessen wird. Interessant zu sehen war, dass vor jedem Block eine Person stand, die dem Publikum anzeigte, wann es klatschen sollte. So etwas kennt man in Deutschland nur aus Talkshows.

4. Tag: Am vierten Tag hatten wir wieder inoffizielles Training und hatten somit abends Zeit, den weltberühmten Eisskulpturenpark in Harbin ansehen zu können. Aus Sicherheitsgründen wurde sich von jedem Taxi, welches mit Athleten wegfuhr, von der Polizei das Nummernschild und die Fahrernummer notiert. Da wir jedoch an diesem Abend zu zehnt unterwegs waren und uns trotzdem in nur 2 Taxen quetschen wollten, hatten wir ein wenig Sorge, ob der Taxifahrer auch 5 Personen mitnehmen würde. Zu unserem Erstaunen war dieses dem Polizisten und Taxifahrer total egal und vor den Augen der beiden stiegen wir in das Taxi ein. Mit 15 Euro Eintritt war dieses mit Sicherheit sehr teuer für chinesische Verhältnisse, aber jeden Cent wert. Es ist schwer vorzustellen, aber aus Eisblöcken wurden Gebäude, Tempel und andere Bauwerke nachgebaut. Diese wurden entweder von innen oder außen beleuchtet und sahen somit im Dunkeln sehr schön aus. Zusätzlich konnte man von einigen Gebäuden runter rutschen, Skifahren, Kettenfahrzeug fahren oder sonstige Spiele ausprobieren. An einem Ort hatte man ein Fahrrad mit Kufen versehen und ist damit auf dem Eis herumgefahren. Zusätzlich konnte man auf einem Lama reiten oder sich einfach nur die atemberaubenden Skulpturen anschauen. So etwas haben wir in Deutschland noch nie gesehen und ist nicht mit einem Sandburgenfestival vergleichbar.

5. und 6. Tag: Diese Tage haben wir sehr ruhig gestaltet, da der Wettkampf bevorstand und wir ein wenig unsere Kräfte schonen wollten. Wir haben alle die Zeitumstellung gemerkt und uns an das Essen noch nicht so ganz gewöhnen können. Zum ersten Mal hatten wir Training in der Wettkampfhalle und waren auch hier erstaunt über die strengen ähnlich strikten Sicherheitskontrollen. Beim Wettkampf selber kam bei vielen Sportlern schon nach dem Pflichttanz eine sehr lockere Stimmung auf. Wir haben uns sehr gefreut, viele alte Freunde wiederzusehen. Zum Pflichttanz war die Halle sehr voll und wir schätzen, dass bestimmt 7000 Menschen anwesend waren. Im OD waren es schon ein paar weniger und zur Kür waren immer noch ca. 3000 Zuschauer in der Halle.

Nach dem Pflichttanz hatte uns eine Reporterin gebeten, noch kurz für ein Interview zu bleiben. Da diese jedoch kein Englisch konnte, saßen wir zu viert beim Interview zusammen. Dieses Interview war ganz anders als jedes Interview, welches wir bis jetzt hatten, und die Fragen waren aus einer ganz anderen Richtung gestellt. Unsere Persönlichkeit, Erziehung und Familie waren Kernaspekt der Fragen. Besonders gestaunt hat die Reporterin, als wir von unseren 5 Geschwistern erzählt haben, da in China bis heute eine 1-Kind-Regelung gilt. Das Medieninteresse an der Veranstaltung war von chinesischer Seite aus sehr groß. Fast alle Wettkämpfe wurden im Fernsehen übertragen und die Zeitungen berichteten täglich mehrseitig über die Geschehnisse.

7. Tag: Im Originaltanz waren wir schon ein wenig nervöser. Wir hatten ein neues Extra eingebaut und waren gespannt, wie es bei den Preisrichtern ankommen würde. Im OD nehmen wir dazu eine rote Rose mit aufs Eis und reichen diese uns beim Laufen hin und her. Wir hatten seit der EM daran gearbeitet und wollten nun testen, ob das auch im Wettkampf so klappt wie geplant. Daniels Kostüm haben wir hierfür extra noch einmal ändern lassen, damit dieser die Rose am Anfang des Programms aus der Jacke ziehen konnte. Die Resonanz hierzu war durchweg positiv, allerdings wissen wir noch nicht, ob wir dies auch bei der WM machen werden. Wenn wir die Blume beim Laufen verlieren sollten, kostet dies einen Minuspunkt und das Risiko hierzu ist nicht unerheblich. Den 5. Platz selbst verdanken wir sicherlich einigen Wacklern bei den Russen und es hat uns sehr gefreut, dass wir überhaupt so nah an die beiden heran laufen konnten. Schließlich sind dies die Junioren-WM-Sieger von 2007….

Ein sehr wichtiger Anlaufpunkt waren mittlerweile die Informationsautomaten, die im Dorf rumstanden. Hierüber konnte man sich jederzeit Informationen zu Wettkampfresultaten anschauen. Der Medaillenspiegel war beliebter Anlaufpunkt und oft Gesprächsthema, wenn man mit anderen Nationen zusammensaß. Bemerkenswert war ebenfalls der Zusammenhalt unter den deutschen Eisläufern. Wir haben gegenseitig versucht, die Wettkämpfe der anderen zu sehen, und auch insgesamt war die Stimmung untereinander sehr schön.

8. Tag: In der Kür konnten wir eine gute Leistung zeigen und waren somit insgesamt sehr zufrieden mit dem Wettkampf. Wir hatten uns im Vorfeld nicht viel ausgerechnet und wollten nur einen lockeren, guten Wettkampf laufen, um vor der WM nicht ganz aus der Wettkampfroutine zu kommen. Nach der Kür kam ein Mädchen zu Daniel, welches ihm ein paar Rosen überreichte. Sowieso müsste Daniel sich eingestehen, dem chinesischen Schönheitsideal zu ähneln. Angeblich mögen chinesische Frauen große, schlanke, blonde Männer. Außerdem mögen Chinesen das westliche Aussehen, welches besonders auffällt, wenn man sich die Plakatwerbung anschaut. In diesen neun Tagen hat er mit Sicherheit mehr positive Kommentare zu seinem Aussehen bekommen als in seinem ganzen Leben insgesamt. Menschen im Bus und auf der Straße haben ihn mehrfach angesprochen, nur um ihm zu sagen, wie gut er aussähe. Er selbst fand das Ganze ein wenig unangenehm, da er sich nicht sicher war, ob es sich dabei nicht um einen schlechten Witz handeln würde. Vitali war auf jeden Fall ein wenig eifersüchtig und beschwerte sich darüber, dass ihn in der ganzen Zeit niemand auf sein Aussehen ansprach.

9. Tag: An unserem letzten Tag sind wir extra etwas früher aufgestanden, um morgens in die Stadt gehen zu können. Wir wollten den Tag nutzen und noch etwas von Harbin sehen. Dazu haben wir ausnahmsweise auch mal kein Taxi genommen, sondern sind mit dem öffentlichen Bus in die Stadt gefahren. Eine Fahrkarte brauchten wir nicht, da unsere Akkreditierungen auch für öffentliche Verkehrsmittel galten. Auf der Hinfahrt war der Bus schon etwas älter und wir spekulierten, ob dieser wohl in Deutschland vor 20 Jahren noch über den TÜV gekommen wäre. Dabei müssen wir zugeben, dass die Infrastruktur der öffentlichen Verkehrsmittel in Harbin nicht schlecht war. Die Busse fuhren im 5-Minuten-Takt und waren fast immer gut gefüllt. Auf dem Weg in die Stadt wurden wir ein wenig überrascht, als wir plötzlich an einem Kohlekraftwerk kurz vor der Innenstadt vorbeikamen. Dieses war zwischen Wohnhäusern und Geschäften einfach gebaut worden. Wahrscheinlich zeigt dieses, wie schnell die Stadt in den letzten Jahren gewachsen ist, denn heute leben laut unseren Informationen ca. 9 Millionen Menschen in Harbin. Im Zentrum von Harbin gab es eine große russische Kirche und wir waren erstaunt, wie viele Menschen hier russisch sprechen. Der Grund dafür ist, dass Harbin als Bahnstation der Transsibirischen Eisenbahn von Russen gegründet wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Sowjetunion Harbin von den Japanern übernommen und später an China übergeben. Soviel Einfluss hinterlässt natürlich seine Spuren und unser Eindruck vom ersten Tag wurde bestätigt, dass es sich um eine nicht traditionell chinesische Stadt handelt. Besonders beeindruckt waren wir von den vielen großen Kaufhäusern, die oft nur über einen versteckten Eingang zu erreichen waren. Für uns war es oft schwierig zu wissen, um was für ein Kaufhaus es sich jeweils handelte, da die Türen zum Schutz vor der Kälte mit großen schweren Vorhängen bedeckt waren und wir die Zeichen an den Türen nicht lesen konnten.

Der Verkehrsführung war absolut chaotisch und die Zustände mancher Autos erschreckend. Es grenzt für uns an ein kleines Wunder, dass wir keinen einzigen Unfall gesehen haben. Dies mag zum einen daran liegen, dass die Autos langsamer fahren und zum anderen wesentlich aufmerksamer (und grundsätzlich dauerhupen). Wenn man damit rechnen muss, dass einem auf der Autobahn plötzlich ein Fahrradfahrer entgegenkommt oder Menschen auf der Fahrbahn stehen, muss man eben vorsichtig fahren. Die Straßenführung war dabei teilweise für uns komplett unverständlich und man merkte auch hier, wie schnell die Stadt in den letzten Jahren gewachsen sein muss. Selbst die Italiener meinten, sie würden es sich nicht trauen, hier mit dem Auto zu fahren, und im Vergleich hierzu wäre Italien ein ruhiges Pflaster.

Harbin hat einen recht großen Teil, der unterirdisch liegt. Zumindest kam uns dies so vor, als wir in eine Untergrund-Einkaufsstraße hinabgingen. Diese war mehrere hundert Meter lang und mit vielen Geschäften ausgestattet. Man konnte hier auch essen, aber dieses haben sich vom gesamten Team nur Andrejs Vlascenko und Vitali getraut. Mit dem Essen auf der Straße in ausländischen Ländern sind wir beide etwas vorsichtig. Vitali war total begeistert vom Essen und probierte mehrere verschiedene Dinge. Im Dorf war das Essen nicht besonders abwechslungsreich und er war froh, mal wieder etwas anderes als Reis essen zu können. Die Menschen in der Stadt waren sehr hilfsbereit und haben uns immer sofort geholfen. Überall waren, wie auch im Dorf, Volunteers aufgestellt worden. Was uns total verwundert hat ist, wie sauber die Straßen waren. Wir haben nicht einmal gesehen, wie Müll auf der Straße lag, und wenn wurde dieser sofort entfernt. Es gab unzählige Menschen an Kreuzungen und auf den Straßen, die nur darauf warteten, dass jemand etwas wegwarf. Unangenehm aufgefallen ist uns in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass die Menschen immer auf die Straße spucken und dieses dann festfriert. Zum Teil waren die Wege mit kleinen Spuckehubbeln in Zentimeterabständen gepflastert.

Bis zum Schluss haben wir keine Zeit gehabt, den Teeladen, in dem man kostenlos einige chinesische Tees probieren konnte, zu besuchen. Deshalb ging's am Nachmittag für Daniel mit Zoé Blanc, Ekaterina und Pierre-Loup Bouquet ins Kulturzentrum. Zunächst konnte man sich hier mit der chinesischen Geschichte beschäftigen und auch einige Dinge selber machen. Als erstes ließ er sich seinem vollen Namen übersetzen, der im Chinesischen "he da wie" ausgesprochen wird. Der Name bedeutet: "Ein erfolgreicher Mann ist jemand mit sozialem Status." Zusätzlich haben sie noch einige Karten bekommen, auf denen einfache chinesische Wörter und die deutsche Übersetzung standen. Es war schade, dass wir es erst am letzten Tag geschafft hatten, hierher zu kommen, da sich unsere bisherigen Kenntnisse nur auf zai jian (auf Wiedersehen), xie xie (danke) und ni hao (guten Tag) beschränkten.

In einem Nebenraum konnte man kleine chinesische Glücksbringer knüpfen, und wenn man etwas besser war auch Blumen oder Tiere basteln. Eine Frau hat demonstriert, wie sie aus Papierschnipseln ca. 100 verschiedene Schmetterlinge basteln konnte. Der Schmetterling ist ein chinesisches Symbol der Liebe und Daniels Versuche scheiterten kläglich, so dass die Frau ihm einen bastelte. Schön war auch, dass man töpfern konnte. Leider brauchte man 5 Tage, bis ein Gefäß komplett fertig war, d.h. getöpfert, gebrannt, abgeschmirgelt und lackiert. Da wir schon am nächsten Tag abflogen, war es uns nicht einmal möglich, ein Halbfertiges mitzunehmen. Dennoch versuchten wir dies natürlich, wobei sich Daniel hier der russischen Konkurrenztöpferin geschlagen geben musste. Selbst mit der Hilfe des Lehrers war er nicht in der Lage, hier mitzuhalten. Des Weiteren konnte man einfache Bewegungen des Kung-Fu lernen, welches in China sehr beliebt ist.

Eine lustige Geschichte hierzu geschah, als wir eines Morgens sehr früh Training hatten und somit mit die Ersten in der Eishalle waren. Als einige Sportler den Aufwärmbereich betraten, erwischten sie zwei Wachmänner, die sonst den ganzen Tag regungslos auf ihrem Posten standen, wie sie gegeneinander Kung-Fu kämpften. Als sie merkten, dass sie entdeckt worden waren, gingen sie ein wenig verlegen an Ihren Posten zurück.

Der Rückflug verlief zum Glück ohne Komplikationen. Als wir in Peking aus dem Flugzeug kamen, merkten wir gleich, wie viel wärmer es hier war. In Berlin hatten wir erneut keine Tickets, aber nach einigem Hin und Her konnte das Problem doch gelöst werden, schließlich war unser Gepäck teilweise schon nach Düsseldorf geschickt worden. Spontan haben wir uns dann mit Tim getroffen, der gerade Trainingsschluss hatte und uns dann ein paar Stunden Gesellschaft in Berlin Tegel leistete. In Dortmund kamen wir gegen 1 Uhr nachts an.

Dortmund

Am Donnerstag haben wir uns erst einmal frei genommen, da die Reise und die Zeitumstellung sich doch sehr bemerkbar machten. Abends ist Daniel nach Hause gefahren, da wir dort eine Sportlerehrung hatten, für welche wir nominiert worden waren. Carolina war hierfür viel zu müde und wollte lieber etwas schlafen, da sie sich auch schon den letzten Tag in Harbin nicht so gut gefühlt hatte. Bei der Ehrung sind wir zweite geworden und mussten uns einem Ruderteam geschlagen geben, konnten aber die lokale Basketballmannschaft hinter uns lassen. Im Vorfeld konnte man für uns stimmen und wir haben ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, 2. werden zu können.

Am Freitag ging es dann erneut zum Praktikum und abends auch zu einem lockeren Training. Daniel muss versuchen, noch eine Prüfung vor der WM zu schreiben, und Carolinas Prüfungen haben begonnen. Während des Deutschlandpokals werden wir voraussichtlich nicht in Dortmund sein, sondern mit Herrn Sinicyn in Oberstdorf arbeiten, um uns dort noch ein paar Tipps für den Paso Doble holen zu können.

China war ein super Erlebnis für uns und wir wären gerne noch ein paar Tage länger geblieben, zumindest bis zur Abschlussfeier. Es hat Spaß gemacht und ist wirklich eine Reise wert, toller Wettkampf.

Wir freuen uns auf die WM…..

Carolina und Daniel

 

 




 

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