Journal



Februar 2009

Nach der doch etwas stressigen Zeit nach den Deutschen Meisterschaften waren wir froh, endlich wieder zu Hause zu sein, um uns 2 Wochen lang konzentriert auf die Europameisterschaften in Helsinki vorzubereiten. Am 7. Januar kam Herr Skotnicky zu uns nach Dortmund, um noch einmal mit uns den Finnstep zu überarbeiten. Natürlich konnte er uns auch in den anderen Programmteilen helfen und so wurde hier und da noch eine Kleinigkeit verbessert.

Daniel hatte nun mal wieder Prüfungszeit, da das Semester zu Ende gegangen ist und die Prüfungsphase anstand. Eigentlich hätte er 13 Prüfungen schreiben müssen, aber dann wäre das Training womöglich zu kurz gekommen. Somit legte er 6 ab und schob die anderen auf später. Zusätzlich hat ein Virus seine kompletten Daten gelöscht, so dass Fotos und andere Uniunterlagen verloren gegangen waren. Eine letzte mündliche Prüfung hatte Daniel noch am 17.01., also einen Tag vor dem Abflug nach Helsinki, die er mit 97 von 100 Punkten bestand. Dies war somit die zweitbeste Prüfung in seinem ganzen Studium. Der Dortmunder Stützpunkt und einige Sportler verabschiedeten sich noch herzlich von uns und wünschten uns viel Glück für die EM. Ein kleines Mädchen übergab Carolina noch eine kleine selbst gebastelte "Viel-Glück"-Karte, worüber wir uns wir wirklich sehr gefreut haben. Zusätzlich wurden wir noch reichlich mit Nervennahrung (Schokolade), Gute Laune Drops (Bonbons) und Easy Going Gums (Kaugummi) ausgestattet.

Am nächsten Tag ging es dann von Düsseldorf aus mit dem Flieger los nach Helsinki. Wir haben versucht, uns selber nicht unter Druck zu setzen und unsere erste Europameisterschaft einfach als Erfahrung zu sehen. Das Wetter bei der Ankunft war wirklich schön, fast so wie es hier in Deutschland Anfang Januar war: Kalt aber dank der Sonne doch sehr angenehm. Viele der Sportler kennen wir schon seit Jahren und da ist sicherlich einer der schönsten Aspekte, dass alle Sportler in einem Hotel untergebracht sind. Man freut sich, die anderen, die man nun doch nur selten im Jahr sieht, wieder zu sehen. Manchmal ist es sicherlich auch etwas Gutes, wenn man sich für ein paar Minuten vom Wettkampf ablenken lassen kann, um die Zeit mit Freunden zu genießen. Gerade an den Tagen nach dem Wettkampf sitzt man häufig sehr lange bei Essen zusammen und tauscht sich aus.

Am Abend des Ankunftstages hatten wir noch Training und konnten uns so noch am gleichen Tag einen Eindruck verschaffen von der Halle, in der bald die Wettkampfsentscheidungen stattfinden sollten. Die Wettkampfshalle gehörte mit ihren etwa 11 000 Sitzplätzen sicherlich zu einer der größten, in der wir jemals gelaufen sind, jedoch ist die Zuschauermenge, dank der Auftritte bei Katarina Witts Abschiedstournee, nichts mehr, wovor wir Angst haben. Natürlich ist es für uns immer noch ein außerordentlich extremes Gefühl, sein Können vor so vielen Menschen zu zeigen, jedoch haben wir gelernt, dieses fast ausschließlich positiv wahrzunehmen.

Die Hartwall Areena ist eine wirklich schöne und sicherlich auch etwas besondere Veranstaltungshalle. Man hat sich nämlich die Lage auf einem kleinen Felsen zu Nutze gemacht und diesen einfach als Seitenwand im unteren Teil der Halle integriert. Aber vor allem beeindruckend ist die Trainingshalle, welche etwa 4 Stockwerke tiefer im Felsen liegt (in derselben Halle wie die Wettkampfhalle) und wo man sich fast wie in einer Höhle vorkommt. Die Paarläufer hatten sichtlich Probleme in der Trainingshalle, weil sie bei den Hebungen befürchteten, die Partnerin könne an die "Decke" stoßen.

Am Montagmorgen war die Auslosung in einem Country-Salon ähnlichen Teil eines der Restaurants in der Arena. Eine offizielle Auslosung und ein Bankett gab es leider nicht. Wir hatten Glück, da wir mit unserem Weltranglistenpunktestand noch knapp in die zweite Starthälfte reinrutschten. Auf der Weltrangliste waren wir von den anwesenden Paaren auf Platz 13 und die ersten 14 waren automatisch in der zweiten Hälfte. Mit Startnummer 18 sollte es dann bei unserem ersten Europameisterschaftswettbewerb losgehen. Beim Wettkampf selber waren wir schon sehr nervös, weil wir keine direkte Idee hatten, auf welchem Platz uns die Preisrichter einordnen würden. Außerdem musste man ja auch zunächst diese zwei Runden Finnstep möglichst gut vortragen. Mit gefühlten 80 Schritten pro Runde, wovon die meisten kleine Hüpfschrittchen sind. Der Finnstep ist ein sehr origineller und anspruchsvoller Tanz, wobei wir wirklich zugeben können, dass wir den Tanz sehr mögen. Während wir uns zum Tanz aufstellten, hörte Daniel, wie man uns gerade auf Eurosport ansagte, welches sehr ungewohnt war.

Da das ARD-Morgenmagazin etwas über die Europameisterschaften und die deutschen Teilnehmer berichten wollte, wurden wir am Montag und Dienstag einige Stunden von einem Kamerateam begleitet. Dies war neu für uns, soviel Medieninteresse haben wir zuvor noch nie erlebt. Definitiv einer der großen Unterschiede zwischen den Wettbewerben, die wir zuvor gelaufen waren, und einer Europameisterschaft. Dies bekamen wir auch durch ein eher etwas peinlichen Ereignis im Pflichtwettkampf zu sehen. Einer russischen Läuferin riss während des Tanzes ein Träger ihres Kleids und die blanke Brust war zu sehen. So was ist sicherlich schon sehr oft passiert, aber wirklich peinlich wird es erst, wenn es bei einem so großen Wettkampf passiert. Dank netter Fotos landeten die beiden somit z.B. in Russland auf sieben Titelseiten der Tageszeitungen, in Finnland waren Fotos über eine komplette Doppelseite. Soweit wir wissen, hat selbst Bild berichtet. Auch auf YouTube wurde ihr Video innerhalb eines Tages etwa 100 000 Mal angeklickt, das führende russische Paar gerade etwa 1 000 Mal, und heute hat sie bereits über 1 200 000 Views allein auf YouTube.

Wir persönlich bekamen das Interesse an den Meisterschaften auch direkt mit, da wir zum ersten Mal durch eine so genannte Mixed-Zone laufen mussten. Hier können die Vertreter der Presse direkt und exklusiv nach dem Lauf auf die Sportler treffen und Fragen stellen. Als Sportler hat man sogar die Pflicht, in der Mixed-Zone stehen zu bleiben und muss sich den Reportern gegenüber äußern. Besonders schön war es, als wir nach dem Pflichttanz bei Eurosport moderiert haben. Dies hat echt Spaß gemacht und hoffentlich dürfen wir dies bei der WM wieder machen. Außerdem haben wir zum ersten Mal Sigi Heinrich kennengelernt, den wir bis jetzt nur von der Stimme her kannten.

Der Originaltanzwettkampf war erst am Donnerstag, daher hatten wir am Mittwoch nur Training und konnten uns anschließend den Kurzprogrammwettbewerb der Herren anschauen. Die Paarlaufentscheidung konnten auch wir leider nur im Fernsehen sehen, da wir am nächsten Morgen früh Training hatten und es sonst sehr spät geworden wäre. Beim Wettkampf kann es durchaus vorkommen, dass man um 6.30 Uhr auf dem Eis steht und seine volle körperliche Leistung abrufen können muss und dadurch der Wecker schon um 3.45 Uhr klingelt. Dementsprechend hatten wir Glück, wieder in der 4ten Einlaufgruppe zu sein, um somit den Wecker auf 5.00 Uhr stellen zu dürfen.

Beim OD-Wettkampf hatten wir leider einen Platz verloren, jedoch waren wir nicht wirklich enttäuscht oder sauer darüber. Wir bekamen für unsere Schrittpassagen Level 3, was bei einem solchen Wettbewerb mit dieser Konkurrenz durchaus eine gute Leistung ist. Punkte verloren hatten wir in der Pirouette bzw. den Twizzlen, die leider nicht ganz sauber ausgeführt waren und wir dadurch nur Level 2 bekamen.

Kräftig unterstützt wurden wir von der Zuschauertribüne vor allem von unseren Eltern und unserer Oma, die für den Originaltanz und die Kür extra angereist waren. Nach der Kür am Freitag waren wir umso glücklicher: 12ter Platz. Wir selber haben wohl am wenigsten damit gerechnet und so hat es sicherlich auch einen Moment gedauert, bis wir es realisiert hatten. Am Abend gab es noch einen kleinen Sektempfang mit Trainern, unseren Eltern und allen, die mit anstoßen wollten. Dieses Gefühl, wenn ein Wettbewerb erfolgreich beendet ist, ist unbeschreiblich. Der ganze Stress, die Anspannung und der Druck fallen innerhalb von ein paar Stunden einfach ab. Meistens bekommt man großen Hunger, weil einem klar wird, dass man den ganzen Tag kaum etwas gegessen hat. Die Einzige, die dieses Gefühl noch nicht genießen durfte, war zu dem Zeitpunkt Annette Dytrt. Ihre Kür stand noch bevor, und am nächsten Tag trafen sich alle deutschen Läufer, um mitzufeiern. Aus Sicht der Finnen war die Damenkür das Highlight der Meisterschaften und die Halle fast ausverkauft. Die Stimmung war unglaublich und nach den einzelnen Programmen flitzten ca. 10 Blumenmädchen übers Eis, um alle Blumen und Kuscheltierchen aufzusammeln.

Für uns waren die Europameisterschaften ein voller Erfolg, denn wenn man zu dem 12. Platz die drei verletzten Paare hinzuzählen würde, kämen wir immer noch auf einen 15. Platz, womit wir uns für die Weltmeisterschaften in Los Angeles qualifiziert hätten. Wieder daheim in Dortmund wurden wir freundlich in Empfang genommen, sogar ein bemaltest Betttuch wurde uns zu Ehren in der Eishalle aufgehängt. Wir freuen uns wirklich über die vielen lieben Glückwünsche, die wir bekommen haben. Dankeschön.

Für Daniel ging es am Dienstag direkt zum Praktikum; er muss bis Ende März 8 Wochen Praktika nachweisen können, um im Juli zur Bachelor-Thesis zugelassen zu werden. Zusätzlich muss er noch die 7 verschobenen Klausuren nachholen.

Am folgenden Wochenende fuhren wir anlässlich des 80. Geburtstages unseres Opas zu unserer Mutter nach Rügen, wo wir gemeinsam mit der Familie gefeiert haben. Inzwischen verbleibt uns noch eine Woche, bis wir am 15.2.2009 von Düsseldorf über Peking nach Harbin zur Universiade fliegen. Unsere Einkleidung vom adh (allgemeiner deutscher hochschulsportverband) ist gestern angekommen und unsere Visa haben wir auch schon…..

Viele Grüße

Caro und Daniel

 

 




 

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