Journal



August 2011


Vor ein paar Tagen kam Tuan (ein Gewichtheber, der bei uns im Wohnheim wohnt) in den Tischtenniskeller und war überrascht darüber, dass die Gerüchte wohl wirklich stimmten. Lachend meinte er nur: „Da sind sie ja wirklich, die beiden Kellerkinder.“ Kellerkind ist ein Spitzname, den die anderen Athleten uns gegeben haben, da wir uns oft zum Lernen am Abend in den Keller zurückziehen. Zwar ist die Luft dort ein wenig muffig und es gibt kaum Sonnenlicht, aber es gibt dort wenigstens einen großen Tisch (die Tischtennisplatte), die nötige Ruhe und sonst nichts, was einen ablenken könnte.

Nachdem wir unsere letzten Klausuren am Donnerstag und Freitag geschrieben hatten, konnten wir am Samstag unser Abschlusstraining vorm Lehrgang richtig genießen und freuten uns auch darauf, in den nächsten zwei Monaten die Bücher beiseite legen zu dürfen.

Allerdings hatten wir, bevor wir zum Lehrgang nach Oberstdorf fahren wollten, noch ein kleines Problem: Um Fahrtkosten zu sparen, waren wir vorher extra bei REWE einkaufen gewesen in der Hoffnung, einen Mitfahrergutschein zu gewinnen (eine Aktion zur Frauenfußballweltmeisterschaft) und hatten tatsächlich Glück. Wir bekamen einen Gutschein und lösten diesen auch sofort bei der Bahn ein. Allerdings wartete die Bahn mit der Ausstellung der Gutscheine so lange, dass dieser nicht mehr rechtzeitig ankam. So mussten wir doch zwei Fahrttickets kaufen und auch bei der Rückfahrt hatte die Bahn immer noch keinen Gutschein geschickt.

Trotzdem freuten wir uns richtig auf den Lehrgang, da wir nach fast einem Jahr endlich mal wieder unsere alten Dortmunder Freunde wiedersehen konnten. Zwar hatten wir es auch im letzten Jahr vereinzelt geschafft, in die Dortmunder Eishalle zu kommen, aber es ist schön, auch mal über einen längeren Zeitraum wieder zusammen trainieren zu können. Auch am Abend gingen viele Sportler gemeinsam ins Kino und konnten so die Brücke zwischen den verschiedenen Lagern (Dortmund, Berlin, Chemnitz, Oberstdorf) schlagen. Gewohnt wurde im Montana-Ferienwohnungen und gegessen im Internat in der Eishalle. Zwar war es schade, dass nicht alle im Montana wohnten, da sie schon woanders gebucht hatten, aber wenigstens beim Essen konnte so ein Gemeinschaftsgefühl aufkommen. Außerdem war das Essen auch wirklich gut, weshalb wir abends oft lange mit den Anderen zusammensaßen.

Der Bundeskaderlehrgang war in diesem Jahr, wie auch schon im letzten Jahr, auf zwei Wochen angelegt. Zweimal tägliches Training auf dem Eis und einmal Tanzen stand auf dem Programm. Athletiktraining sollte selbstständig organisiert werden. Zur Halbzeit stand ein Sichtungslaufen für Junioren (hier ging es um die Teilnahme an einem Junioren-Grand-Prix) und Senioren (zur Programmvorstellung) auf der Agenda. Zusätzlich war die Eistanzkommission mit zwei Preisrichtern und verschiedenen Spezialisten zur Stelle, um die Programme auf Schwachstellen oder Regelverstöße zu überprüfen.

Spätestens als Jule und Tom, die ein wenig später anreisten, in der Halle ihre Musik vorspielten, war uns allen klar, dass alle vier Paare ähnliche Gedanken bei der Musikauswahl hatten. Wir werden wohl bei der diesjährigen Deutschen Meisterschaft vier vergleichbare Musiken und Programme haben, denn bei allen dreht es sich um „Liebe und Beziehung“ (Love Story, Marguerite, Romeo und Julia und Good Bye Lenin bzw. Amelie). Deshalb wurde dann auch das Tanztraining entsprechend angepasst und wir versuchten, als Gruppe gemeinsam ein Stück von Pina Bausch am Sichtungstag vorzuführen. Auch dies ist mittlerweile Tradition geworden, dass die Eistänzer gemeinsam verschiedene Tanzstücke den Preisrichtern, Trainer, anwesenden Eltern vorführen. In diesem Jahr war die Aufführung am Sichtungstag und schätzungsweise 20 Personen kamen, um die drei Tänze zu sehen. Eine lateinamerikanische Interpretation zum Song „Conga“ von Gloria Estefan (dieser war auch bei unserer SD-Musik in der engeren Auswahl gewesen), eine Gruppennummer der Junioren zur Thematik „Freundschaft und Integration“ und unser Stück zur Pina-Bausch-Musik, bei dem es sich um Liebe und Hass drehte. Damit unsere Vorführung optisch noch stimmiger war, sollten wir stimmig gekleidet sein. Im letzten Jahr musste Daniel bereits in knapper schwarzer Hose und einem Top von Dominique tanzen. In diesem Jahr war es geplant, dass die Jungs mit nacktem Oberkörper und langer, schwarzer Hose bekleidet tanzten. Zunächst hatten wir zwar entschlossen, lieber im engen weißen Tanktop zu tanzen, aber als klar wurde, dass Alex am Tag der Sichtung nicht mittanzen würde (er war krank), überstimmten die Tanzlehrerin und Stefano Daniel. Getanzt wurde also mit nacktem Oberkörper und barfuß. Nach dem Tanz gaben Kathrin und Dominique Daniel einen weiteren Spitznamen: Milchbubi.

Am Samstag, dem Tag der Sichtung, waren wir beide ein wenig nervös, denn seit über einem Jahr hatten wir keine Programme mehr vor Preisrichtern präsentiert. Außerdem mussten wir irgendwie zeigen, dass wir definitiv in den Wettkampfsport zurück möchten und Caros Knie inzwischen ausreichend verheilt ist. Im SD hatten wir zusätzlich das Problem, dass wir am Tage der Sichtung die Musik geändert hatten. Dadurch war man natürlich noch ein wenig überrascht, warum unser SD noch nicht so gut lief. Allerdings konnten wir mit der Kür wieder einige Punkte gut machen, denn diese läuft nicht nur besser als der SD, sondern ist inzwischen auch so ganz ansehnlich. Man war also sehr zufrieden mit den Programmen, die wir präsentierten, auch wenn wir noch einiges ändern und viel (besonders am SD) arbeiten müssen.

Am Sonntag war der letzte Tag, an dem René mit in Oberstdorf war, weshalb wir unseren freien Tag von Sonntag auf Montag verlegten, um gleich mit einigen Änderungen anfangen zu können. Wie sich ein paar Tage später herausstellte, war dies wohl ein Fehler gewesen. Am Dienstag fing Carolinas Knie wieder an zu schmerzen. Die Belastung der vergangenen Woche war wohl doch noch ein bisschen zu viel gewesen. Als es am Mittwoch nicht besser war, entschlossen wir, den Lehrgang frühzeitig zu beenden und Donnerstag nach dem ersten Training abzureisen. Zufällig bot sich auch eine Mitfahrangelegenheit an, so dass wir Donnerstag schon im Auto nach Wuppertal saßen. Wir hatten sowieso vor, zwei Tage nach dem Lehrgang in Wuppertal und Umgebung zu bleiben, um Freunde und Familie besuchen zu können. So konnten wir unseren Aufenthalt um einen Tag verschieben und dabei Carolinas Knie die notwendige Ruhe gönnen.

Allerdings bedeute dies auch, dass wir die von uns mitorganisierten Abschiedsgeschenke nicht mit überreichen konnten. Tagelang hatten wir beim Essen lustige Diskussionen geführt, was zu welchem Trainer passen würde und was wir auf keinen Fall verschenken wollten. Letztendlich bekam Jimmy Young einen original bayrischen Hut, Herr Skotnicky einen Gutschein für die Therme und Frau König (die Tanzlehrerin) einen Kuchen und eine kleine Truhe mit persönlichen Briefen und Botschaften der Sportler. Ob die Geschenke gut ankamen, wissen wir nicht, allerdings wurde uns dieses Foto zugeschickt.

Im nächsten Monat stehen für uns, neben dem Training, verschiedene Termine bei der Bundeswehr an. Außerdem wollten wir evtl. für ein paar Tage nach Garmisch-Partenkirchen fahren, um uns dort helfen zu lassen, den Short Dance weiter auszubauen. Trainieren werden wir wahrscheinlich primär in Berlin Wedding, da sowohl Halle 2 als auch Halle 3 in Hohenschönhausen abgetaut sind. Hoffentlich bleibt damit der August ein wenig ruhiger, bevor es im September losgeht und wir viel unterwegs sein werden.

Viele Grüße,

Carolina und Daniel

 




 

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