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August 2008

Endlich Freizeit.....und doch bald schon wieder vorbei.

Es ist schon ein wenig her, dass wir das letzte Mal Zeit gefunden haben etwas zu schreiben, aber in den letzten 2 Monaten hatten wir immer viel zu tun. Langeweile gab es hier nicht ein Mal. Insgesamt schätzen wir hier in unserer Zeit weniger als 5 Stunden vor dem Fernseher verbracht zu haben. So haben wir z.B. wenig von der Fußball-EM mitbekommen oder was sonst in Deutschland los ist. Während der Wochentage haben wir jeden Morgen ab 7 Uhr Eistraining und kommen selten vor 14 Uhr nach Hause. Dann heißt es meistens kurz kochen und dann Kinderaufpassen oder zur Uni bzw. Hausaufgaben. Am Wochenende versuchen wir meistens etwas zu unternehmen oder uns mit Freunden zu treffen. Ob Feuerwerk, Strand, Whistler, Grouse Mountain, Jazz Festival oder einfach mal in den Club.... in Vancouver ist immer was los. Es gab nicht ein Wochenende, wo wir nicht wussten, was wir machen können.

An das Englischsprechen haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Selbst das Training mit Victor (der sehr gut deutsch spricht) und Gespräche während des Trainings untereinander laufen auf Englisch oder zumindest in einem Großteil in Englisch ab. Es ist interessant mitzubekommen, wie man manchmal nicht weiß, welche Sprache man jetzt benutzen soll und dann wild verdreht. Besonders wenn etwas schnell während des Laufens gesagt werden muss, man vorher aber Englisch gesprochen hat, denkt man in Englisch und spricht in Deutsch. Oftmals entstehen dann Sätze wie: "Rechte Schulter forward and dann close." Super spannend ist es auch, Wörter zu entdecken, die es nur im Englischen oder nur im Deutschen gibt. Beispielsweise wüssten wir kein äquivalentes Wort für das englische Wort "weeknights". Es macht Spaß, so etwas zu entdecken, und wir lernen jeden Tag ein wenig dazu. Was uns bewusst gemacht hat, wie wenig wir hier wirklich geplant haben, ist, als man uns mal gesagt hat, dass wir gar nicht in Vancouver sind. Vancouver, welches wir für den Stadtteil Vancouver Downtown gehalten haben, ist eine selbstständige Stadt. Wir wohnen auch nicht in derselben Stadt. Während Caro in Coquitlam wohnt, sind die Eishalle und Daniels Haus in Burnaby.

Die Eishalle, in der wir momentan trainieren, besteht aus 7 Eisbahnen und 1 Soccer Field in der Größe einer nordamerikanischen Eisbahn. 8 Rinks, so heißt die Halle, wird die offizielle Trainingshalle bei den Olympischen Spielen sein, während die Wettkämpfe in einer schon etwas älteren Halle in Vancouver stattfinden. Am Anfang unseres Aufenthaltes haben wir die Halle besucht, da wir in der Nähe essen waren. Am Freitag war es dann endlich soweit. Daniel hat seine letzte Klausur geschrieben und hat damit die Universität hier abgeschlossen. Noten gibt es erst in ca. 4 Wochen, wenn wir schon wieder zurück in Deutschland sind. Die Vornoten sahen nicht schlecht aus, aber da sämtliche Noten "curved" (normalverteilt) sind, gibt es immer alle Noten von A+ bis F. Normalverteilt bedeutet, dass der Durchschnitt aller Stundenten berechnet wird und je nach Abweichung eine Note zugeordnet wird. Überdurchschnittlich ist A oder B während alle Punkte unter dem Durchschnitt C bis F sind. Der Vergleich mit den anderen Studenten macht Noten wesentlich aussagekräftiger. Auf der einen Seite ist dies auch motivierend, aber hinderlich für studentischen Zusammenhalt. Es heißt halt immer "beat the average".

Caro hat ab jetzt auch ein wenig mehr Freizeit, da ihre Familie in den Urlaub gefahren ist. Somit hoffen wir in unsern letzten Wochen noch ein wenig mehr zu sehen. Auf unserm Plan steht neben Seattle, den Rocky Mountains und Victoria noch Vieles mehr, wofür die Zeit nur leider viel zu kurz ist. Die Zeit verging wie im Fluge... Dieses Wochenende sind wir mit Bryn und Brett nach Whistler gefahren, welches neben Vancouver City der zweite Austragungsort der Olympischen Spiele 2010 ist. Hier werden vorwiegend die Skiwettkämpfe stattfinden. Mit dem Auto fährt man ca. 2 Stunden nördlich von Vancouver auf einer sehr kleinen kurvigen Straße direkt am Meer entlang. (Die Straße wird momentan verbreitert und für die Olympischen Spiele nur mit offiziellen Bussen befahrbar sein.) Ein sehr schöner Ausblick und die eigentliche Fahrt sind fast schon das Ziel, da es in Whistler selber nicht viel zu sehen gibt. Auf der Rückfahrt haben wir dann kurz Halt gemacht, um uns die Skiflugschanze anzusehen, die 20 Minuten von Whistler entfernt ist. Als wir kurz vor der Schanze ankamen, sahen wir schon von weitem, wie plötzlich sämtliche Autos vor uns stoppten. Der Grund hierfür war ein Bär, der neben der Straße spazieren ging und Beeren fraß. Es war zwar nicht das erste Mal, dass wir einem Bären gesehen haben (einmal wurden wir beim BBQ von einem Bären und seinen zwei Jungen überrascht, die ca. 8 Meter neben uns an einem Baum hochkletterten, während die Mutter dann auf Jagd ging), aber es war das erste Mal, dass wir einen Bären richtig beobachten konnten (beim anderen Mal versuchten wir eher schnell alle Türen und Fenster zu schließen und ins Haus zu kommen).

Allerdings haben wir nicht immer nur Schönes hier gesehen. Wie in der Fernsehreportage schon erwähnt, waren wir über die Armut sehr überrascht. Dies hatten wir hier nicht erwartet. Das Schockierende ist, dass sich dieser Teil direkt neben den neunen Hochhäusern befindet, in denen ein One-Bedroom-Apartment schnell $600 000 kostet. Die Haus- und Mietkosten sind in den letzten 5 Jahren drastisch gestiegen und überall werden momentan neue Wohnungen gebaut. Vieles ist Spekulation und man erwartet, dass die Preise nach Olympia wieder fallen werden. Für ein ganzes vermietetes Haus während der Olympischen Spiele kann man schnell zwischen 15 000 und 20 000 Dollar bekommen. Was mit den Obdachlosen während Olympia passiert, weiß man noch nicht, aber entweder wird eine Lösung wie bei der Expo 1988 angestrebt (in einem Camp außerhalb der Stadt) oder man gibt ihnen ein One Way Ticket nach Montreal oder Toronto. Angeblich ist dies eine Lösung, die beide Städte in der Vergangenheit schon das eine oder andere Mal praktiziert haben.

Ende August kehren wir wieder nach Deutschland zurück....

Carolina & Daniel

 




 

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