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10. Januar 2007 (von www.wz-online.de)


Eistanz/Geschwister Hermann: Der eisige Weg an die Spitze

Die Geschwister Hermann aus Sprockhövel sind Deutscher Junioren-Meister im Eistanz - und investieren dafür kräftig aus eigener Tasche.

Von einstigen Glanzzeiten ist das deutsche Eiskunstlaufen bis auf das Paar Sewtschenko/Szolkowy meilenweit entfernt. Der Nachwuchs tut sich schwer, die Lücken zu schließen.

Symptomatisch, dass bei den Deutschen Meisterschaften in Oberstorf in der Meisterklasse im Eistanz mit Nailya Zhiganshina/Alexander Gaszi angesichts der Verletzung der Titelverteidiger Beier/Beier nur ein Paar am Start war. Und das trainiert aufgrund der besseren Bedingungen in Moskau.

Der Weg zur deutschen Eislaufspitze ist eisig und lang. Viele springen unterwegs ab. Kein deutsches Nachwuchspaar kann das besser sagen als Carolina und Daniel Hermann, die jetzt in Oberstdorf erstmals Deutsche Junioren-Meister wurden und damit zu den Zukunftshoffnungen der Deutschen Eislauf Union gehören.

Seit 1997 trainieren die beiden Geschwister - er inzwischen 20, sie 19 - gemeinsam am Olympiastützpunkt Dortmund. Sechsmal die Woche, drei bis vier Stunden täglich, so lautet das normale Pensum. Die Lust aufs Eislaufen, die bei ersten Versuchen auf einem zugefrorenen Teich in ihrer Heimat Sprockhövel aufkam, wurde schnell zur harten Arbeit.

Trainingsmöglichkeiten und der Heimtrainer werden vom Verband gestellt. Bis auf 75 Euro Sporthilfe pro Monat und Zuschüsse für Kostüme, Choreografen oder Reisen zu Wettkämpfen sind die Hermanns weitgehend auf sich allein gestellt.

Auch die typische Eislaufmutti gibt es nicht. "Wir müssen alles selbst organisieren. Unsere Eltern, die beide berufstätig sind und sich um unsere anderen fünf Geschwister kümmern müssen, sind da überfordert", sagt Carolina Hermann.

Abgenabelt hat sie sich mit ihrem Bruder spätestens, als beide vor drei Jahren in eine Eislauf-Wohngemeinschaft nach Dortmund zogen, um sich die tägliche Fahrerei von der Schule in Wuppertal zum Trainingsort zu sparen. Finanziell werden sie von zu Hause aber noch unterstützt, ebenso vereinzelt durch lokale Sponsoren.

"Dass der Sport nicht zum Nulltarif zu haben ist, ist klar. Aber die Geduld hat sich ja gelohnt", sagt Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf Union (DEU). Er bescheinigte beiden bei den Deutschen Meisterschaften eine deutliche Steigerung. Bei Grand- Prix-Auftritten, zu denen sie vom Verband geschickt wurden, sah das zuletzt nicht so gut aus.

In Taipeh etwa, wohin sie im Oktober 2006 nur reisen konnten, weil sie den Flug selbst vorfinanzierten. Eine direkte Auswirkung übrigens der Stasi-Affäre um Eislauftrainer Ingo Steuer. Der Bund hat die Zuschüsse für die chronisch klamme DEU eingefroren, bis diese eine Trennung von Steuer durchsetzen kann. "Inzwischen haben wir uns aber geeinigt, dass das Geld für solche Fälle trotzdem fließt", sagt Dönsdorf.

Bei Carolina und Daniel Hermann sind Gedanken ans Aufhören, die es immer mal gab, durch den jüngsten Erfolg zunächst einmal verdrängt. "Wir werden sicher weitermachen", sagt Carolina Hermann. Zunächst steht für die Geschwister ihre erste Junioren-WM (27. Februar in Oberstdorf) an.

Ob ein zehnter Rang, der Deutschland künftig wieder ein zweiten Startplatz sichern würde, realistisch ist, ist angesichts der starken internationalen Konkurrenz eher fraglich. Klar ist, dass anschließend bei den Senioren ein neuer Kampf um Plätze und Fördergelder beginnt.

von Günter Hiege

 




 

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